In diesem Jahr sind viele Dinge nicht so gelaufen, wie Du und ich sie uns vorgestellt haben.
Dabei sind sicher einige Überraschungen eingetreten, die beweisen konnten, dass auch Ungeplantes schön sein kann.
Jede Menge Blogs, Social Media Posts (darunter auch unsere) und andere Medien haben in den vergangenen Monaten viel dafür getan, den Blick auf das zu legen, was gut ist, wofür wir dankbar sein können und wir perspektivverändernd positives Denken sein kann.
Und: ja, ich sehe das ganz genau so. Da wo wir hinschauen, spielt sich unsere emotionale und mentale Welt ab.
Doch bei all dem Positivismus, dem scheinbar unaufhörlichen „Steh-auf“, „Du-schaffst-das“, „glaub-an-Dich“, „alles-wird-gut“ bleiben zunehmend die Momente liegen, in denen es eben so gar nicht danach aussieht, dass wieder alles gut wird.
Das wiederum passt nun überhaupt nicht in die sonnige Welt der Social Media und Mentalcoaches. Hier muss alles glänzen, anziehend sein, like-fähig sein und zum Teilen einladen.
Du musst eben an Dich glauben – und wenn Du das tust und es trotzdem nicht gut wird, dann hast Du eben nicht genug an Dich geglaubt.
Der Zuckerguss muss über alles, damit die Ecken und Kanten, die Tiefen und Unebenheiten eingeebnet werden und niemand Anstoß an Dir oder mir nehmen kann. Der Zuckerguss gaukelt vielleicht auch uns ganz für uns selbst vor, dass es uns ohne Ecken und Kanten besser geht. Er lädt uns dazu ein, sich mit unseren Tiefen und Unebenheiten nicht weiter auseinander zu setzen.
Dabei gibt es in diesem Jahr, aber auch in den Jahren zuvor sowie in den kommenden Jahren immer wieder Momente, in denen das Leben nicht schön ist.
Phasen, in denen es alles andere als glatt läuft, Situationen, die schmerzhaft sind und wir Trennung, Schmerz, Unvollkommenheit und Trauer erleben.
In diesen Zeiten scheint nichts hell, sonnig, gelackt oder wunderbar zu sein. Diese Momente sind auf der dunklen Seite der Medaille Deines Lebens.
Doch wo finden diese Momente statt? Wo nimmst Du Dir Zeit dafür, um ihnen ihren angemessenen Raum zu geben?
Ich stelle fest, dass viele Menschen Angst vor den „dunklen“ Momenten haben.
Klar, denn natürlich meldet sich keiner freiwillig, um Krisen, Trauer oder Schmerz zu erfahren. Doch die Angst gilt nicht nur den Momenten, sondern auch den Gefühlen, die mit diesen Erfahrungen einhergehen.
Dort wo wir bereits in der Krise stehen oder sogar schon beinahe „durch“ sind, auch dort erlebe ich häufig eine große Sorge davor, sich der eigenen Trauer, der Wut oder dem Schmerz über das Verlorene, das Erfahrene, das
Zurückgelassene zu stellen.
Schade.
Trauer, Wut, Ärger, ja sogar Scham, sind 4 von den 5 sogenannten Basisgefühlen und gehören demnach zu uns.
Freude ist das 5. sogenannte Basisgefühl und schon in diesem Verhältnis, was vielleicht erst etwas merkwürdig anmutet, wird deutlich, wie sehr die „dunklen“ Gefühle zu uns, unserem Leben unserer Persönlichkeitsentwicklung gehören.
In Zeiten, in denen Authentizität ein wesentliches Schlagwort ist, um deutlich zu machen, wie echt das ist, was Du sagst, in diesen Zeiten leugnen wir viel zu häufig die echten, dunklen Momente. Vielleicht in der Überzeugung, sie sollen von keinem gesehen werden, vielleicht in dem Glauben, dass diese Echtheit nicht gemeint oder gewollt ist. Ich weiß nicht, was Dich treibt, Deine Traurigkeit zu vertuschen, zu verdrängen oder zu verleugnen. Doch echt ist das nicht.
Die Sorge davor, dass diese Gefühle einen Sog entwickeln und Du nicht mehr auf die sonnige Seite der Medaille zurückfindest ist ggfs. auch ein Grund dafür, sich dem nicht zu stellen.
Doch an dieser Stelle macht es meiner Meinung nach unbedingt Sinn, Dich zu fragen, wer denn bei Dir den Hut auf hat: Deine Gefühle – ob dunkel oder hell – oder Du?
Bewusst sich auf Deine Gefühle einzulassen, sie zu zulassen, sie anzusteueren und ihnen den Raum gewähren, den sie brauchen, das lüftet den Kopf durch. Denn so können sie nicht in Dir Wurzeln schlagen und Du läufst nicht Gefahr zu verbittern.
Nicht nur die Freude braucht Luft, um sich zu entfalten. Auch Traurigkeit, Schmerz und Enttäuschung brauchen Luft – diese allerdings, um zu heilen und irgendwann gehen zu können.
Ich liebe das Wort TRAURIGKEIT, denn es lädt ein, sich zu verlangsamen, mir und meiner Trauer Zeit zu geben, Begegnung mit mir selber einzuräumen und dabei stetig und unaufhaltsam authentisch und echt zu werden.
Wie hältst Du es mit Deiner Traurigkeit?
Wo triffts Du Dich mit ihr?
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