Ich habe die Tage das Buch „Das Leuchten jenes Sommers“ von Nikola Scott gelesen. Darin geht es darum, wie sich unterschiedliche Formen der Liebe im Leben der Mitmenschen darstellen. Da gibt es die hingebungsvolle Liebe, in der es darum geht, sich ganz und gar dem anderen zu verschreiben. Für das Wohl des anderen – zum Beispiel auch erkrankte Geschwister – alles zu tun und dabei durchaus sich selbst zu vergessen. Es geht um die rachsüchtige Liebe: Ein Mann, dessen Bruder verstorben ist und der den Verursacher dieser Tragödie verfolgt und seine Liebe sich in seinem Sinnen nach Rache zeigt. Die abhängige Liebe, in der sich die kleine Schwester garnicht selbst definieren kann, ohne dass die große Schwester da ist, sie zum Schatten der großen Schwester wird. Alles, was sie denkt immer in Wir-Form erlebt und dabei eben ihre Selbstständigkeit aufgibt. Es geht aber auch um die kontrollierende Liebe – Liebe, die sich so sehr über den anderen und den Besitz desselben definiert, dass sie sich nicht vorstellen kann, ohne das Gegenstück überhaupt existieren zu können. Der Verlust des anderen ist ein so großes Risiko, dass alles, was getan oder gedacht wird, kontrolliert werden muss. Das sind nur 4 verschiedene Facetten von Liebe und sicher gibt es da noch viele andere.
Naja, warum mache ich mir dazu hier Gedanken?
Ich habe in meinen Trainings und Coachings nicht in allererster Linie Paarberatung, wobei das sicherlich auch hin und wieder passiert – es ist aber nicht mein Kernthema.
Wir haben in erster Linie mit Menschen zu tun, die für andere verantwortlich sind. Und da geht es eben auch um irgendeine bestimmte Qualität von Liebe, nämlich um Empathie. Wenn ich in Führung gehe, wenn ich mit anderen in einem Team arbeite, wenn ich dafür Sorge tragen möchte, dass Mitarbeiter sich entwickeln, oder aber mein Unternehmen vorankommt, dann hat das irgendwie auch etwas mit Liebe zu tun. Im weitesten Sinne.
Und hier ist die Frage immer wieder, auch wenn ich in Trainings und Coachings mit den Teilnehmern und Coachees darüber nachdenke, was sie selbst mitbringen. Dass bei allem Guten, was ich in Empathie investiere, es dem anderen auch gut tut – der andere sich entwickeln kann, vorankommt, sein Potential ausschöpfen kann, vielleicht auch an seine Grenzen geführt wird, die Komfortzone verlassen kann, um sich zu dem entwickeln zu können, den man in ihm sieht.
Überall da, wo Empathie ungut ist, also zum Beispiel Töne der kontrollierenden Liebe mit sich trägt, oder aber Töne der abhängigen Liebe, der rachsüchtigen, da stellen wir fest, dass Empathie auch im Rahmen der Führung ungesund werden kann. Weil das im Letzten Konsequenzen sind, die aus unbearbeiteten und auch aus unreflektierten Fragestellungen entstanden sind, die ich in meinem Leben, meiner Führungsverantwortung, noch nicht zu Ende diskutiert habe.
Spannend ist also hier, darüber nachzudenken: Wie sehr hat die Führungskraft, wie sehr haben Sie als Teammitglied, als Mitarbeiter einen Blick für sich selbst? Wie ist es um ihre Selbstliebe bestellt?
In dem Buch wird erst dann eine Befreiung der einzelnen Personen möglich, wenn sie beginnen, sich selbst als wichtig zu erkennen und ihre eigenen Bedürfnisse zu definieren – und dafür zu kämpfen.
Ich lade Sie dazu ein, darüber nachzudenken: Wie wichtig sind sie sich? Was haben Sie heute für SICH getan? Was haben Sie getan, weil SIE es wollten, nicht um jemand anderen glücklich, zufrieden oder aber stolz auf Sie zu machen?
Self-Care, Selbstliebe, wie Sie’s auch nennen wollen, ist der Grundbaustein, den es hier zu bedenken gilt. In meinen Coachings und Trainings stoße ich nicht selten auf dieses Thema und es ist hochinteressant, dann festzustellen, dass ich nur über diesen Self-Care den Weg finde in eine gesunde Empathie für meine Mitarbeiter, mein Unternehmen, meine Aufgaben.
Ich bin gespannt auf Ihre Kommentare und bin gespannt auf die Diskussion mit Ihnen.
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