Heute morgen, auf dem Weg ins Büro, habe ich Radio gehört. Und natürlich bin ich dabei mit den aktuellen Nachrichten konfrontiert worden – Flüchtlinge, Verzweifelte, Bombenanschlag, Revangeandrohungen der USA, hilflose Politiker, Flutopfer, Hitzewellen – Katastrophen, wo immer wir hinhören.

Dabei gibt es zwei Dinge, die mir dann im Kopf rumschwirren:

  • große Betroffenheit,
  • Mitgefühl mit den Opfern und deren Familie
  • sowie gleichzeitig auch eine große Dankbarkeit dafür, dass es mir und meinem kleinen Kosmos gut geht.

Doch im selben Moment frage ich mich, darf ich das überhaupt – dankbar sein für meine kleine, heile Welt im Angesicht der vielen dramatischen Geschehnisse? Ist es nicht sogar egoistisch und ignorant?

Wie kann es sein, dass an vielen Stellen auf dieser Erde die Welt untergeht und ich davon unbehelligt bleibe? Der Impuls sich an Hilfsaktionen zu beteiligen und wenn es schon nicht persönlich geht, dann wenigstens mit großzügigen Spenden zu unterstützen ist natürlich naheliegend. Vielleicht sogar der Wunsch im Hinblick darauf etwas „Großes“ zu tun, ein Projekt aufzustellen, sich einer NGO anschließen – eigentlich alles, was dazu beiträgt, meine scheinbar bodenlose Hilfslosigkeit angesichts der Katastrophen irgendwie zu verringern.

Ein Gefühl der Ohnmacht, das sich anschleicht und sich gerne niederlassen möchte. Doch ihr möchte ich keinen Platz an meinem inneren Konferenztisch geben! Deswegen lenke ich meinen Blick dorthin, wo ich wirksam werden kann – im Großen, wenn es sein soll und im Kleinen, wo es naheliegt.

Sensibel für die Bedarfe, die Menschen in meinem direkten oder indirekten Umfeld haben, zu bleiben und sich davon berühren zu lassen, in Bewegung bringen zu lassen. Gesten der Anteilnahme bei Krankheit und Verlust, Zeit für Menschen, die es nicht wagen, darum zu bitten und ein Blick für die vielen Möglichkeiten und Optionen, um anderen hier die persönlichen Katastrophen zu ertragen zu helfen.

Brené Brown, Professorin am Graduate College of Social Work in Houston, forscht seit vielen Jahren zu Verletzlichkeit und Empathie und unterstreicht dabei, dass Mitgefühl in aller erster Linie keine Lösungen für persönliche Katastrophen im Gepäck hat, sondern lediglich die Bereitschaft ist, den Schmerz, die Trauer, das Entsetzen des Gegenübers auszuhalten. Hierzu mehr. 

Studien belegen, dass schon allein dieses Angebot Symptome lindert, Schmerz erträglich macht. Und hier finde ich mich dann doch am richtigen Platz und bin dankbar dafür, dass ich dieses Mitgefühl nicht nur an den Kriegsschauplätzen dieser Welt einsetzen kann sondern es überall mit mir trage und es dort anbieten will, wo immer es darum geht eine gerade zerstörte Welt erträglich zu machen.

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